Grußwort der Bochumer Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen zum Empfang der Linksfraktion für die Sozialen Bewegungen am 5. Dezember 2016.
Liebe Freundinnen und Freunde,
eine soziale, demokratische und vielfältige Stadt – für dieses Ziel arbeiten unser LINKER Kreisverband, die Ratsfraktion mit Sevim und Ralf an der Spitze und auch ich stellvertretend für euch im deutschen Bundestag tagtäglich. Unser aller Arbeit zielt auf ein Bochum, indem alle Menschen ein gutes Leben führen können – egal, ob sie hier geboren sind oder erst kürzlich nach Bochum gezogen sind. Dafür braucht es aber bezahlbare, gute Wohnungen, kostenfreie Kitas, gute Schulen mit genügend Lehrerinnen und Lehrern, die für ihre Arbeit anständig bezahlt werden, kostenfreie Freizeit- und Kulturangebote statt einem Musikzentrum, auf dessen Eintrittspreise die meisten Bochumerinnen und Bochumer Wochen hinsparen müssen, den Bedarf deckende Deutsch- und Integrationskurse für die vielen Neubochumerinnen und Neubochumer, die vor den Kriegen dieser Welt zu uns geflohen sind, und es braucht gutbezahlte und sichere Jobs.
Wenn man die Vertreterinnen und Vertreter von SPD, Grünen oder CDU fragen würde, ob auch sie eine soziale, demokratische und vielfältige Stadt wollen, würden sie das natürlich bejahen. Nur ihr Handeln, ihre Politik passt dazu überhaupt nicht. Alles, was ich eben aufgezählt habe, ist für sie Verhandlungsmasse, Punkte an denen sie den Rotstift ansetzen können. Das gilt für die rot-grüne Ratsmehrheit genauso wie für die Bundes- und Landesregierung.
Ich bin deshalb stolz, dass unsere Ratsfraktion bei diesen, irgendwelchen Sachzwängen geschuldeten Kürzungsorgien, nie den Arm gehoben hat und dies auch nie tun würde, da bin ich mir sicher. Herzlichen Dank dafür, liebe Sevim, lieber Ralf. Die LINKE ist auch deshalb das genaue Gegenteil zu diesen neoliberalen Parteien.
Und, liebe Freundinnen und Freunde, ich freue mich, dass wir als Partei euch alle aus den verschiedenen sozialen Bewegungen in Bochum an unserer Seite haben. Denn nur gemeinsam können wir den gesellschaftlichen Druck für die notwendigen gesellschaftlichen Veränderungen erzeugen, und so das Leben für die Menschen verbessern können. Denn ohne gesellschaftliche Mehrheiten kann auch die LINKE nichts verändern. Das war und ist für uns LINKE klar.
Es freut mich deshalb ganz besonders, dass Aichard Hoffmann heute für den Mieterverein Bochum sprechen wird. Ich will dem Mieterverein an dieser Stelle ganz herzlich für ihre Arbeit und Vorschläge gerade in Sachen Nutzung des massiven Leerstands in Bochum herzlich danken. Ich habe das in meiner Arbeit im Bundestag – wann immer möglich – aufgegriffen, und auch die Ratsfraktion hat immer wieder stellvertretend für euch Druck auf den Bochumer Rat gemacht.
Liebe Freundinnen und Freunde, ich möchte aber auch über eine der Initiativen berichten, die wir als Linksfraktion im Bundestag ergriffen haben. Besonders wichtig ist mir, dass wir als Linke die Integration der bei uns vor den Kriegen im Irak oder Syrien Schutzsuchenden als Teil unseres Kampfes für soziale Gerechtigkeit und Frieden begreifen. Deshalb haben wir auf meine Initiative hin, den Antrag „Eine soziale Offensive für alle! Erfolgreich Integration gestalten.“ Im Bundestag eingebracht – den Antragstext habe ich auch für eine Broschüre genutzt, die heute ausliegt.
Wir fordern darin eine Investitionsoffensive in Bildung, in sozialen Wohnungsbau und in das Gesundheitswesen. Ein solches Programm gegen Armut und Arbeitslosigkeit ist in Deutschland längst überfällig und käme allen Menschen zugute. Als LINKE finden wir: der Sozialstaat wurde lange genug geschliffen, es braucht kein Weiter-so, sondern eine soziale Offensive für alle. Wir müssen deshalb weiter Druck auf die Bundesregierung, aber auch auf die rot-grüne Landesregierung in NRW und die Bochumer Ratsmehrheit machen. Ich bin mir sicher, dass ihr da an unserer Seite steht.
Ich will zum Schluss, liebe Freundinnen und Freunde, noch ein paar persönliche Worte auch zur Situation in der Türkei verlieren. Viele von euch werden die Entwicklungen dort auch mit großer Sorge verfolgen.
Das NATO-Mitglied Türkei führt nicht nur Krieg gegen die Kurden im eigenen Land, sondern fördert auch islamistische Terrorgruppen in Syrien. Mein Freund Can Dündar hat das publik gemacht. Erdogan hat in den vergangenen Monaten Zehntausende Andersdenkende, Oppositionelle, Akademiker und Journalisten verhaften lassen. Deshalb begrüße ich die Entscheidung im Europaparlament, die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei vorübergehend einzufrieren. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir fordern das seit Langem. Bundesregierung und EU-Kommission dürfen den Abgeordneten aber jetzt nicht in den Rücken fallen, indem sie Erdogan mit einer Erweiterung der Zollunion durch die Hintertür unterstützen. Auch hier müssen wir Druck auf SPD und CDU/CSU machen. Ein Autokrat wie Erdogan, der die Türkei in eine islamistische Diktatur verwandeln will, kann kein Partner sein.
In meinem neu erschienen Buch – „Der Fall Erdogan. Wie uns Merkel an einen Autokraten verkauft“ – gehe ich auf das deutsch-türkische Verhältnis im Detail ein und stelle der unterwürfigen Groß-Koalitionären Politik eine linke Alternative entgegen. Diese Woche bin ich auf einigen Veranstaltungen in NRW eingeladen, um aus meinem Buch vorzutragen. Morgen bin ich beispielsweise in Remscheid. Was dort aber an Hass den Veranstaltern und der Alevitische Gemeinde, in dessen Räumlichkeiten die Veranstaltung stattfindet, entgegenschlägt, ist wirklich schockierend. Umso erfreulicher ist es, dass der Oberbürgermeister Mast-Wesz in einer Erklärung die Hetzkampagne nationalistisch-islamistischer Erdogan-Anhänger scharf verurteilte. Der Vorgang zeigt aber, die Konflikte in der Türkei sind auch in Deutschland präsent. Erdogan versucht auch in Deutschland die Menschen für seine Ziele und Gewaltpolitik einzuspannen. Auch deshalb ist es wichtig, dass wir zusammenstehen und weiter die Stimme für den Frieden und soziale Gerechtigkeit erheben – in Deutschland und in der Türkei.
In diesem Sinne wünsche ich uns eine schöne Veranstaltung, viel gute Musik und nette Gespräche.
Zum Weiterlesen:
- Bericht und Fotos vom Empfang
- „Ohne euch wäre unsere Arbeit kaum etwas wert“: Begrüßung durch Sevim Sarialtun
- „Eine Trendwende in der Bochumer Wohnungspolitik ist überfällig!“ Redebeitrag von Ralf-D. Lange
- Positionen zur Kommunalen Wohnungspolitik vom Mieterverein Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.
- Einladung zum Empfang