Der Rat rettet die überschuldete Bochum Marketing GmbH mit ungefähr 2,3 Mio. €

Die Vorlage der Verwaltung zur Ratssitzung am 19.12. und der danach getroffene Ratsbeschluss wurde von der Partei Die Linke scharf kritisiert und natürlich abgelehnt. In der Begründung habe ich als Ratsmitglied der Linken auf ein bereits 2017 verwendetes Zitat aus Hamburg zurückgegriffen:

Eine Stadt ist keine Marke. Eine Stadt ist auch kein Unternehmen. Eine Stadt ist ein Gemeinwesen.” Es ist ein Plädoyer des Protests. Ein Protest von Hamburger Künstlern unter Schirmherrschaft von Daniel Richter gegen die Marke Hamburg Bochum. Es ist aber viel mehr als das, denn es ist ein Plädoyer für ein politisches Manifest gegen die stromlinienförmige Ausrichtung eines Gemeinwesens im Rahmen des internationalen und nationalen Standortwettbewerbs.

Wir stellen die soziale Frage, die in den Städten heute auch eine Frage von Territorialkämpfen ist. Es geht darum, Orte zu erobern und zu verteidigen, die das Leben in dieser Stadt auch für die lebenswert machen, die nicht zur Zielgruppe der „Wachsenden Stadt“ gehören. Wir nehmen uns das Recht auf Stadt – mit all den Bewohnerinnen und Bewohnern Hamburgs Bochums, die sich weigern, Standortfaktor zu sein.

Statt die überschuldete Gesellschaft abzuwickeln und die Beschäftigten wieder in die Verwaltung oder andere städtische Gesellschaften einzugliedern, wird dieses Konstrukt der Konkurrenz unter den Ruhrgebietsstädten damit künstlich am Leben gehalten. Die wichtigen Aufgaben, wie zum Beispiel die Organisation des Musiksommers oder des Weihnachtsmarktes, könnte genauso gut von der Verwaltung oder dem Kulturbüro erledigt werden. Dinos im Ruhrpark müssen auch nicht von der Stadt, bzw. Bo-Marketing organisiert werden.

Zudem gibt Bo-Marketing eine gedruckte Zeitung heraus, die zwar überall herumliegt, die aber kein Mensch liest und die als PDF-Format auch von der Webseite geladen werden kann.

Zur Eröffnung des Musikforums wurden von B-Marketing kostenlose Busfahrten mit Übernachtung aus Hamburg und anderen Städten organisiert.

Peinliche Marketingsprüche gehören ebenso zum Repertoire von Bo-Marketing und anderen Stadtmarketing Gesellschaften, an die wir uns gerne erinnern und die viel Geld gekostet haben:

Bochum macht jung!

Leipzig für den Lebensabend – Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft startet in Frankfurt/M. ungewöhnliche Werbekampagne, die Senioren zum Umzug nach Leipzig bewegen will Leipzig kommt!“ heißt der Werbeslogan der Stadt.

Den Vogel abgeschossen hat aber der RVR vor wenigen Wochen. Dort wurden 100.000 € an eine Agentur dafür gezahlt, dass das Ruhrgebiet wieder Ruhrgebiet heißt.

Zum Hintergrund:
Die Bochum Marketing GmbH wäre mit der Aufstellung des Jahresabschlusses 2024 bilanziell überschuldet. Dies kann nur abgewendet werden, wenn vor dem Bilanzstichtag ein Beschluss zur Kapitalerhöhung gefasst wird. Daher sind sowohl die Stammkapitalzahlung als auch die daraus resultierende Zahlung der Nebenleistungsverpflichtung zwingend noch in 2024 zu leisten.

So steht es in der Vorlage zur Ratssitzung am 19. Dezember:

Finanzvorlage X investiv X konsumtiv Nr.: 20243125
Zur wirtschaftlichen Absicherung der Geschäftstätigkeiten der Bochum Marketing GmbH beabsichtigt die Stadt Bochum ihren Anteil von 50% auf 75,1% aufzustocken. Mit der gleichzeitigen Änderung des Gesellschaftsvertrages wird den veränderten Mehrheitsverhältnissen Rechnung getragen. Die erforderlichen investiven und konsumtiven Mittel für die Kapitalzahlungen müssen über- bzw. außerplanmäßig bereitgestellt werden.

Der Rat beschließt die Stammeinlage der Stadt Bochum an der Bochum Marketing GmbH um 120.500 EUR zu erhöhen.

Der überplanmäßigen Bereitstellung konsumtiver Haushaltsmittel gem. § 83 GO NRW zur Zahlung der Nebenleistungsverpflichtung in der Produktgruppe 5707 Marketing i.H.v. 1.657.500 EUR wird zugestimmt.

In der Vorausschau für das Geschäftsjahr 2024 wird ein Fehlbetrag in Höhe von über 600 TEUR erwartet.

Daneben wurden die Stimmrechte im Aufsichtsrat angepasst, der zahlenmäßig unverändert bei 12 Personen bleibt, wobei sechs von den privaten Anteilseignern entsandt werden und sechs von der Stadt Bochum. Die durch die Stadt Bochum entsandten Mitglieder erhalten ein dreifaches Stimmrecht, damit sich auch im Aufsichtsrat die gesellschaftsrechtlichen Eigentumsverhältnisse widerspiegeln.

Mitgliedschaft in Lobbyverbänden muss bei Beteiligungsunternehmen auf den Prüfstand

Als Linksfraktion haben wir die Verwaltung aufgefordert, alle Mitgliedschaften der Bochumer Beteiligungsunternehmen in Lobbyverbänden transparent zu machen. In der Antwort der Verwaltung fehlen jedoch wichtige Unternehmen wie die Gelsenwasser AG, deren Tochter die Gelsenwasser Energienetze GmbH Mitglied bei „Zukunft Gas“ ist. Wir fordern die Stadtwerke und die Bochumer Vertreter im Aufsichtsrat der Gelsenwasser AG auf, sich für eine Beendigung der Mitgliedschaft bei der Gaslobby „Zukunft Gas“ einzusetzen. Die Mitgliedschaft wurde durch eine Recherche von Fridays for Future Bochum bekannt. Zudem bitten wir als Linksfraktion die Verwaltung in einer weiteren Anfrage um die Auflistung der fehlenden Mitgliedschaften der Bochumer Beteiligungs- und deren Töchterunternehmen in Lobbyverbänden.

„Der ausgerufene Klimanotstand in Bochum sollte auch für die Bochumer Beteiligungsunternehmen und deren Töchter Richtschnur sein. Eine Energiewende, die das Klima schützt und den Geldbeutel der Menschen in unserer Stadt auch langfristig schont, lässt sich nicht mit der Mitgliedschaft in einer rückwärtsgewandten Gaslobby wie „Zukunft Gas“ vereinbaren“, erklärt Horst Hohmeier, unser Fraktionsvorsitzender im Bochumer Rat. „Als Linksfraktion haben wir einen durchaus skeptischen Blick auf die Mitgliedschaft in Lobbyorganisationen. Solche Mitgliedschaften machen nur Sinn, wenn es volle Transparenz gibt und ein klar definiertes Ziel verfolgt wird, das durch die demokratischen Entscheidungen der politischen Gremien in Bochum gedeckt ist. Wenn diese Lobbyorganisationen aber einen schädlichen Status Quo bewahren wollen und den Zielen, die wir uns in Bochum beim Klimaschutz gesetzt haben, entgegenstehen, wird es kritisch. Die Gaslobby „Zukunft Gas“ passt nicht zur Energiewende, die wir in Bochum und darüber hinaus beschreiten wollen. „Zukunft Gas“ steht für die Fehler, die bei der verschlafenen Energiewende in Deutschland gemacht wurden. Statt mitzuhelfen, dass der Lobbykarren für teures Gas weitergezogen wird, sollten die Stadtwerke und unsere Bochumer Aufsichtsratsmitglieder bei der Gelsenwasser AG diese Mitgliedschaft bei der Gaslobby zügig beenden. Bochum sollte ambitioniert eine sozialgerechte Energiewende betreiben, die das Klima bestmöglich schützt. Der Mitgliedsbeitrag für „Zukunft Gas“ kann deutlich besser verwendet werden.“