Rede von Ralf-D. Lange auf der Ratssitzung am 31. August 2017 zu Tagesordnungspunkt 1.3 „(Ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen“):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,
Eigentlich scheint ja durch die vielen Debatten zu Sonntagsöffnungszeiten alles zu diesem Thema gesagt worden zu sein. Vielleicht bekommt die Debatte aber noch einen neuen Aspekt, da ja die Ausdehnung der Sonntagsöffungen und die Freigabe samstäglicher Ladenöffnungen bis Mitternacht durch die schwarz-gelbe Landesregierung geplant sind. Natürlich sind wir als Linksfraktion immer noch grundsätzlich gegen Sonntagsöffnungen. Natürlich sollte wenigstens dem grundgesetzlich geregelten besonderen Schutz des Sonntages als Nicht-Werktag Rechnung getragen werden, vor allem im Interesse der Berufstätigen und Familien.
Die Mehrheit der Bevölkerung scheint gar kein Interesse an sonntäglichen Ladenöffungen zu haben. Das ist jedenfalls das Ergebnis des Sozialwissenschaftlichen Unfragezentrums, auf das sich des Öfteren in der Verwaltungsvorlage berufen wird. Ich zitiere: „Zwischen 90% und 95% der Personen, die eine feste Besuchsabsicht haben, besuchen die Veranstaltungen wegen der Veranstaltung und nicht wegen der Ladenöffnung. Dies gilt für alle Veranstaltungen, die Gegenstand der Unfrage waren.“ Wenn dem so ist, ist es doch umso unsinniger, die Wünsche des Einzelhandelsverbandes über die Interessen der Beschäftigten zu stellen. Übrigens haben wir nur auf Anfrage und erst vorgestern eine siebenseitige Powerpoint-Präsentation zu dieser Umfrage erhalten. Das reicht bei Weitem nicht, um die generelle Qualität dieser Auftragsarbeit beurteilen zu können.
Überhaupt ist das ganze Vorgehen der Verwaltung in der Frage der Sonntagsöffnungen absolut unwürdig und beschämend, vielleicht aber auch symptomatisch. Die aktuelle Verordnung, die SPD, CDU und Grüne im März gegen unsere Stimmen durchgesetzt haben, ist eindeutig rechtswidrig und soll hier geheilt werden. Da gibt es eine Entscheidung des BVerwG aus dem Jahre 2015 und eine Präzisierung des OVerwG NRW vom Juni und August 2016. Dort steht genau drin, unter welchen Voraussetzungen Sonntagsöffnungen zulässig sind. Doch die Bochumer Verwaltung braucht dennoch zwei Anläufe, um eine vielleicht rechtsgültige Verordnung auf die Beine zu stellen!
Und die Beschlussvorlage von heute wird auch noch im Hau-Ruck Verfahren durchgezogen. Unter Auslassung des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung, unter Auslassung des Haupt- und Finanzausschusses und vor allem unter der Quasi-Umgehung der betroffenen Bezirksvertretungen, was unter allen Umständen vorgeschrieben ist. Und so mussten die Bezirksvertretungen in der Ferienzeit den Ältestenrat einberufen wie in Mitte oder der zuständige Bezirksbürgermeister musste eine Eilentscheidung zusammen mit einem weiteren Mitglied der Bezirksvertretung herbeiführen – so geschehen in Südwest und Wattenscheid. Kann man so machen, hätte aber nicht so laufen müssen, wenn man sich von vornherein an die geltenden Maßstäbe gehalten hätte.
Und die Kurzfristigkeit und Dürftigkeit beklagen auch die angefragen Sozialpartner*innen wie Gewerkschaften oder Kirchen. Auch hier hat die Verwaltung mitten in der Hauptferienzeit eine Frist von weniger als einer Woche gesetzt! Und als Anlage hat sie lediglich die Pläne mit den fett umrandeten und nun deutlich eingeschränkten Gebieten mitgeschickt, in denen Sonntagsöffnungen erlaubt werden sollen, und nicht den Entwurf der Satzung selbst. Herr Kopietz, meine Damen und Herren, so respektlos sollten wir nicht mit relevanten Gruppen in Bochum umgehen!
Obwohl die nun vorliegende Beschlussvorlage der Verwaltung um einiges besser zu sein scheint als die alten, bleiben immer noch mehr als ein Fragezeichen. Deshalb und aus grundsätzlichen Gründen lehnen wir als Linsfraktion diese Vorlage ab.