Liebe Leserin, lieber Leser,
wir hoffen, dass Du / Sie gut ins neue Jahr gestartet bist / sind. In den ersten Wochen ist schon eine ganze Menge passiert. Eine Reihe von Ausschüssen, Bezirksvertretungen und der Rat haben getagt. Es ging unter anderem um Eckpunkte für die Bürgerbeteiligung, die ohne Beteiligung der Bürger entstanden sind, die Überarbeitung des Vorbehaltsstraßennetzes und viel zu viele Strom- und Gassperren in Bochum.
Besonders gefreut haben wir uns über die Demonstration gegen das Erstarken der AfD. So voll war es rund um den Hauptbahnhof ewig nicht. Wir haben uns teilweise gegenseitig gar nicht gefunden, so viele Menschen waren unterwegs. Ein gutes Zeichen! Bochum sagt laut und deutlich: Nie wieder ist jetzt! Gemeinsam stellen wir uns Rechten und Nazis entgegen. Und wir wollen auch zukünftig alles dafür tun, dass der soziale Zusammenhalt auch hier bei uns in Bochum gestärkt wird. Faschisten wird am besten der Nährboden entzogen, wenn die steigende Armut wirksam bekämpft, der Reichtum in der Gesellschaft möglichst gleich verteilt ist und niemand zurückgelassen wird.
Wir wünschen viel Freude beim Lesen und einen schönen Sonntag!
Die Themen im Einzelnen:
1. Über Bürgerbeteiligung ohne Bürger reden?
2. Vorbehaltsstraßennetz überarbeiten: Für mehr Tempo 30 in Bochum
3. Endlich auf Strom- und Gassperren verzichten
4. Zwangsräumung des letzten Mieters in der Kohlenstraße verhindern
5. Wir fragen nach
6. Wöchentliche Bürgersprechstunde
7. In eigener Sache
1. Über Bürgerbeteiligung ohne Bürger reden?
Da hatten Verwaltung und SPD/Grüne auch schon mal bessere Ideen. Die Verwaltung hat im Rat doch tatsächlich eine Beschlussvorlage zur Abstimmung gestellt, bei der es um Eckpunkte für die Bürgerbeteiligung geht, ohne dass die Bürger, die da dann fleißig mitmachen sollen, überhaupt beteiligt wurden. Gaga finden wir das. Wir haben deshalb großes Verständnis für den Unmut vieler Bochumer:innen. In einer Bürgeranregung wurde in der Ratssitzung gefordert, dass zunächst eine Bürgerkonferenz einberufen wird und dann in einer paritätisch aus Bürgern, Politik und Verwaltung zusammengesetzte Arbeitsgruppe die Leitlinien für die Bürgerbeteiligung verfasst. Das haben wir unterstützt. Leider haben die anderen Fraktionen keinen Anlass dafür gesehen. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen erklärte, dass man ja eh mit Bürgern reden würde und auch ganz viele Ideen zum Thema hätte. Die Verwaltung habe jetzt nur den Startschuss gesetzt und die Koalition aus SPD und Grünen würde dann irgendwann ihre Änderungsvorschläge einbringen. Warum man das nicht direkt macht, statt einfach kritiklos eine Vorlage der Verwaltung durchzuwinken, erschließt sich uns nicht. Das verstehen wahrscheinlich nicht mal die Grünen selbst. So entsteht jedenfalls nur Frust und die Akzeptanz von Bürgerbeteiligung wird unnötig kleiner gemacht.
Unser Sprecher im Rat, Horst Hohmeier, hat dieses Vorgehen kritisiert und sich bei den Vertretern des Netzwerks für bürgernahe Stadtentwicklung für ihren Einsatz bedankt. Für uns ist klar: Wir haben kein Problem damit, dass die Verwaltung einen internen Diskussionsprozess durchführt und dann Vorschläge in die Debatte gibt. Eine Mitteilung wäre hier der richtige Weg. Im Anschluss hätten diese Ergebnisse dann unter Beteiligung möglichst vieler Bochumerinnen und Bochumer diskutiert werden können. Geht in anderen Städten wie Bonn ja auch. Wenn Bürgerbeteiligung akzeptiert und gelebt werden soll, setzt das die Akzeptanz und das Wissen über die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten voraus. Wir können uns deshalb solche Schnellschüsse und Alleingänge nicht leisten.
Wir rufen die Ratsmehrheit und die Verwaltung auf, zügig einen Rahmen zu schaffen, in dem Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft in die Diskussion treten und sich offen und intensiv über die zukünftige Bürgerbeteiligung in Bochum austauschen können. Wir sind überzeugt, dass ein solch offener Prozess zu einem guten Ergebnis führt. Dafür braucht es aber Mut und den Willen für den gemeinsamen Austausch, der hoffentlich doch noch entsteht. Der Startschuss ging gehörig nach hinten los.
2. Vorbehaltsstraßennetz überarbeiten: Für mehr Tempo 30 in Bochum
Im Mobilitätsausschuss stand eigentlich die Überarbeitung des sogenannten Vorbehaltsstraßennetzes auf der Tagesordnung. Dieses ist vielfach die entscheidende Bremse bei der Ausweisung von Tempo 30. Dabei wünschen sich das immer wieder Bürger:innen und stellen Bürgeranregungen an den Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur. Leider werden sie meist mit Verweis auf das Vorbehaltsstraßennetz abgewiesen. Der Beschluss zur Überarbeitung wurde aber auf Wunsch von SPD und Grünen vertagt. Das gilt auch für unseren Änderungsantrag. Wir haben beantragt, dass alle kommunalen Straßen aus dem Netz entfernt werden und so der Spielraum für Temporeduzierungen erhöht wird. Wir sind gespannt, welche Vorstellungen die anderen Fraktionen in die Debatte einbringen werden.
„Die Verkehrswende kann nur gelingen, wenn Verwaltung und Politik ausreichend Beinfreiheit für gezielte Temporeduzierungen erhalten. Das Vorbehaltsstraßennetz muss verkleinert und der Handlungsspielraum für mehr Tempo 30 in Bochum so vergrößert werden“, erklärt dazu unser Ratsmitglied und Mitglied der LINKEN im Mobilitätsausschuss, Moritz Müller. Die vielen Anregungen im Zuge der Bürgerbeteiligung zeigen, dass es einen großen Bedarf an gezielten Temporeduzierungen und damit für mehr Sicherheit im Straßenverkehr in Bochum gibt. Dass die Verwaltungsvorlage diese Anregungen mit einer allgemein gehaltenen und wenig überzeugenden Begründung wegwischt, halten wir für den falschen Umgang mit den sinnvollen Vorschlägen der Bochumerinnen und Bochumer. Wir setzen uns für eine deutliche Verkleinerung des Vorbehaltsstraßennetzes über die Herausnahme der kommunalen Straßen ein. Das hat den Vorteil, dass gezielt Tempo 30 angeordnet oder eben auch darauf verzichtet werden kann.
Wir halten Dich / Sie auf dem Laufenden, wie es mit dem Vorbehaltsstraßennetz weitergeht. Vielleicht gibt sich die CDU ja sogar noch einen Ruck und macht im Bund den Weg für mehr Entscheidungsbefugnisse für die Kommunen bei den Temporegelungen vor Ort frei.
3. Endlich auf Stom- und Gassperren verzichten
„Seit vielen Jahren fragen wir die Anzahl der Strom- und Gassperren in Bochum und die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Verhinderung dieser ab. Jedes Mal sind wir erneut über die Antwort der Verwaltung schockiert. Bei diesen Zahlen kann wirklich niemand behaupten, dass in Bochum genügend gegen diese unwürdigen Sperren mit verheerenden Folgen für die betroffenen Haushalte getan wird“, erklärt Horst Hohmeier, unser Sprecher im Rat.
Nach einer Vervierfachung in 2022 bei den Gassperren gab es im vergangenen Jahr erneut eine deutliche Steigerung von 64 auf 89. Die Stromsperren stagnierten auf einem hohen Niveau. Beim Gesamtvolumen der Inkassolisten gab es einen starken Anstieg von 16,6 auf rund 29,4 Mio. €. Das geht aus der Antwort der Verwaltung auf unsere Anfrage hervor. Wir fordern einen generellen Verzicht auf Strom- und Gassperren und appellieren an SPD und Grüne, ihre Ablehnung bei diesen alarmierenden Zahlen zu überdenken. Statt weiter die Augen zu verschließen, sollten sich die anderen Fraktionen einen Ruck geben und endlich den Weg dafür frei machen. Wir haben das immer wieder beantragt und bleiben bei unserer Forderung. Ein menschenwürdiges Wohnen ist ohne Strom und Gas schlicht nicht möglich.
4. Zwangsräumung des letzten Mieters in der Kohlenstraße verhindern
In der Ratssitzung ging es zudem um den letzten Mieter in den städtischen Wohngebäude in der Kohlenstraße. Dieser soll demnächst geräumt werden, wogegen sich Widerstand regt. Die Stadt will die Wohnhäuser verkaufen und Gewerbe ansiedeln. Wir haben den Antrag der Stadtgestalter unterstützt, der den Verkauf der Häuser an den Mieter und die Rückgabe an die Stadt nach dessen Tod fordert. In der Zwischenzeit kann intensiv über eine sinnvolle Anschlussnutzung der Grundstücke diskutiert werden. Die anderen Fraktionen fanden das falsch. Umso wichtiger, dass es jetzt breiten Protest gegen die Räumung gibt.
Mit einer Anfrage im Ausschuss für Planung und Grundstücke haben wir Fragen zu offensichtlichen Widersprüchen in den Äußerungen der Verwaltung gestellt. So widersprechen die Baustellenschilder (Einsturzgefahr) an den Häusern der Einstufung im Problemimmobilienkataster. Dort sind die Häuser nur in der mittleren Kategorie eingeordnet und damit in besserem Zustand als vor Ort suggeriert wird. Der Stadtbaurat hat in der Ratssitzung eine merkwürdige Begründen dafür gegeben. So sei das Kataster ja nur für private Häuser und die Eintragungen von städtischen Gebäuden seien nur „nachrichtlich“. Was die Verwaltung an einer korrekten Einstufung der Häuser hindert, wenn man das verwaltungsintern doch eh macht, leuchtet uns nicht ein. Wir sind gespannt, ob die Verwaltung in der Antwort auf unsere Anfrage klüger antwortet.
5. Wir fragen nach
Jährlich fragen wir nach, wie viele Zwangsräumungen in Bochum durchgeführt wurden. Wir finden ja, dass jede einzelne eine zu viel ist. Erneut waren zahlreiche Haushalte davon betroffen, in den auch Kinder wohnen. 58! Das geht wirklich gar nicht. Wir fordern SPD und Grüne auf, endlich für ein Ende der Zwangsräumungen zu sorgen. Die Mehrheit des Rates kann hier zeigen, dass Bochum auch mit denen gut umgeht, die in Schwierigkeiten geraten sind. Es wird Zeit.
An der Ecke des Südrings mit der Luisenstr. und dem Hellweg war bisher ein mehrgeschossiger Neubau geplant, in dem Einzelhandel, Büros, Wohnungen sowie ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) und ein Referenzzentrum für die Aus- und Weiterbildung Platz finden sollten. In der Zwischenzeit sind die Pläne des Investors aufgrund gestiegener Baukosten geplatzt. Die WAZ vom 13.12.2023 berichtet zu den weiteren Plänen des Investors: „Mit der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (WEG) wird Brandts nun Gespräche über eine Rückgabe des vorderen Grundstücks führen, auf dem ein Pavillon steht, in dem bis 2018 der Apple-Händler Gravis eine Filiale betrieben hat.“ Wir haben zu den Grundstücksgeschäften einige Fragen und diese im Planungsausschuss an die Verwaltung gerichtet.
6. Wöchentliche Bürgersprechstunde
Unsere Ratsmitglieder stehen jeden Montag zwischen 16:00 und 17:30 Uhr telefonisch (0234 – 910 1295) oder bei uns in der Geschäftsstelle (BVZ, Raum 2060) für Fragen, Kritik und Anregungen bereit. Egal, welches Problem gerade unter den Nägeln brennt, wir kümmern uns gerne und versuchen bei einer Lösung zu helfen. Also gerne vorbeikommen oder anrufen. Wir freuen uns auf Dich / Sie.
7. In eigener Sache
Seit diesem Monat schrumpft unser Team. Elias Korte, der nicht nur den Kommunalwahlkampf mit viel Herzblut geleitet hat, sondern im letzten Jahr auch für uns als Referent in der Geschäftsstelle tätig war, ist leider nicht mehr bei uns beschäftigt. Durch den Verlust des Fraktionsstatus und ein stark reduziertes Personalbudget war das unvermeidlich. Wir vermissen Elias schon jetzt und danken ihm für die klasse Arbeit und die gemeinsame Zeit. Wir wünschen Dir viel Erfolg auf Deinem weiteren Weg und freuen uns schon auf das Wiedersehen.