Newsletter Dezember 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

die letzte Ratssitzung des Jahres stand vor allem im Zeichen der Bochumer Nachhaltigkeitsstrategie. Diese soll künftig die Handlungsgrundlage für eine Entwicklung hin zu Klimaneutralität und zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele in Bochum sein. Wir hätten uns mehr Verbindlichkeit bei den geplanten Maßnahmen gewünscht, aber unterm Strich ist sie ein Schritt in die richtige Richtung und wir haben zugestimmt. Nun gilt es Druck zu machen, damit es nicht bei schönen Absichtserklärungen bleibt.

Aber auch das Geschehen in der Welt schlug sich in der Tagesordnung nieder. Zu Beginn der Sitzung wurde eine Resolution für den Schutz jüdischen Lebens in Bochum verabschiedet. Natürlich haben wir diese unterstützt und wir freuen uns, dass es im Rat einen breiten Konsens für ein friedliches Miteinander aller Menschen in unserer Stadt gibt, unabhängig von Religion und Weltanschauung.

Neben den genannten Themen geht es in diesem Newsletter um die Förderung der freien Kulturszene und die Bochumer Senioreneinrichtungen. Zudem geht es um Strom- und Gassperren, Zwangsräumungen, die Zukunft des Grabelands Am Ruhrort und den sozialen Wohnungsbau in Bochum.

Als Linke im Bochumer Rat blicken wir auf ein bewegtes Jahr zurück. In unserer kommunalpolitischen Arbeit haben wir uns für unsere Stadt ins Zeug gelegt und linke Akzente gesetzt. Einen Überblick über unsere Arbeit im Rat und seinen Ausschüssen sowie in den Bezirksvertretungen seit der letzten Kommunalwahl könnt ihr unserer druckfrischen Zwischenbilanz-Broschüre entnehmen (Broschüre Linksfraktion Bochum). Getrübt wurde das Jahr durch die Austritte von drei Ratsmitgliedern, was den Verlust unseres Fraktionsstatus´ im Rat nach sich zog. Umso mehr gilt es jetzt als Gruppe, auf kreative Weise sozial gerechte Alternativvorschläge zur trostlosen Verwalterei der Rathauskoalition stark zu machen. Stemmen wir uns im kommenden Jahr vereint mit aller Kraft gegen den Rechtsruck und sorgen wir dafür, dass linke Positionen auch in unserer Stadt hörbar bleiben!

Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und freudvolle Feiertage sowie einen guten Rutsch in ein hoffentlich gesundes und erfolgreichen Jahr 2024.

Die Themen im Einzelnen:

1. Erhitzte Gemüter beim Thema Nahost auch im Bochumer Rat
2. Nachhaltigkeitsstrategie
3. Mehr Geld für Bochumer Senioreneinrichtungen
4. Mehr Sicherheit für die Kulturszene in Bochum
5. Mehr sozialer Wohnungsbau – aber wie?
6. Wir fragen nach

1. Erhitzte Gemüter beim Thema Nahost auch im Bochumer Rat

Während zu Beginn der Ratssitzung noch einmütig die Resolution für den Schutz jüdischen Lebens beschlossen wurde, wurde die Debatte bei der Frage nach einer neuen Städtepartnerschaft mit einer israelischen Stadt emotionaler. Hierbei ging es wieder einmal weniger um das ob oder eine inhaltliche Diskrepanz, sondern der Anlass war ein CDU-Antrag auf eine Partnerstadt in Israel, den die Rathauskoalition als erledigt ansah mit einer Beschlussvorlage der Verwaltung, die vorsah, dass Bochum sich am Landesprojekt „Solidaritätspartnerschaften NRW-Israel“ beteiligt. Doch die CDU behielt ihren Antrag aufrecht, weil im Rahmen des Landesprojektes nicht explizit der Aufbau einer Städtepartnerschaft das Ziel ist. Angesichts der verheerenden Lage in Nahost sind derlei politische Spielchen darum, wer am Ende für sich beanspruchen darf, eine mögliche neue Städtepartnerschaft mit einer israelischen Stadt in die Wege geleitet zu haben, absolut unwürdig. Erwartbares Ende der Streiterei nach einer längeren Sitzungsunterbrechung war, dass sich die Rathauskoalition mit ihrer Verwaltungsvorlage durchsetzen konnte, allerdings mit dem ergänzten Zugeständnis an die CDU, dass explizit der Aufbau einer Städtepartnerschaft im Rahmen der Solidaritätspartnerschaft angestrebt werden soll. Wir haben diesen Beschluss mitgetragen und begrüßen es, dass hier nicht übereilt gehandelt wird, sondern dem Prozess die notwendige Zeit gegeben wird.

2. Nachhaltigkeitsstrategie

Bochum hat jetzt eine Nachhaltigkeitsstrategie. Das finden wir sehr gut. Ob unsere Stadt damit zeitnah (nicht nur im Umgang mit unserer Umwelt) nachhaltiger wird, hängt aber von den kommenden Monaten und Jahren ab, wenn es an die konkrete Umsetzung geht. Unser Ratsmitglied, Moritz Müller, hat in seiner Rede allen Akteuren gedankt, die sich in den Prozess der Erstellung eingebracht haben – von Verwaltung bis zur Zivilgesellschaft. Dass sich viele Initiativen und Bürger:innen sehr aktiv einbringen, konnte man auch bei der Ratssitzung erleben. Neben umfangreichen Fragen an die Verwaltung wurde auch eine Bürgeranregung von Vertreter:innen der sogenannten „Steuerungsgruppe“, die maßgeblich an der Erarbeitung der Nachhaltigkeitsstrategie beteiligt war, gestellt, die mehr Verbindlichkeit und Transparenz eingefordert hat.

 

Verbindlichkeit war auch für uns wichtig. Darauf haben wir im Rat aber auch bereits im Ausschuss für Umwelt, Nachhaltigkeit und Ordnung mit einem Änderungsantrag aufmerksam gemacht. Wir freuen uns, dass dieser von Vertreter:innen der Steuerungsgruppe gelobt wurde.

Aber worum ging es konkret? Zum einen wollten wir bei dem Aktivitätenprogramm, das in den nächsten Jahren als Teil der Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt werden soll, mehr Transparenz und Verbindlichkeit. Das ging der Rathauskoalition jedoch zu weit. Ihnen genügt ein Orientierungsrahmen für die Verwaltung. Das wird uns hoffentlich in Bochum nicht auf die Füße fallen. Umso wichtiger, dass es im weiteren Prozess eine starke und gut funktionierende Steuerungsgruppe gibt. Hier haben wir für eine Verstetigung der bisher sehr gut arbeitenden Gruppe plädiert. Auch das war nicht mehrheitsfähig. Uns wurde entgegengehalten, dass wir da Vertrauen in die Verwaltung haben sollten und es alles schon kommen werde. Der Stadtbaurat hat in der Ratssitzung zudem zugesagt, dass er sich bereits an die Erarbeitung einer Verwaltungsvorlage zum Thema gemacht habe. Das ist gut. Wir werden sehr genau prüfen, ob dann tatsächlich alles so kommt, wie es versprochen wurde.

Über Monate durchlief der Entwurf der Nachhaltigkeitsstrategie sämtliche kommunalen Gremien, nun hat der Rat sie mit einer umfangreichen von der Koalition beantragten Änderung verabschiedet. Das hat zu einer sinnvollen Straffung geführt, die auch bitter notwendig war. Hier hat die Rathauskoalition den Mut bewiesen, der Verwaltung einige klarere Vorgaben zu machen. Das dürfte ruhig öfter passieren.

Herausgekommen ist ein umfangreiches Konzept mit vielen netten Absichtserklärungen, das seine Nützlichkeit im Hinblick auf den eigenen Anspruch erst unter Beweis stellen muss. Unterm Strich beinhaltet die Nachhaltigkeitsstrategie trotz vieler wachsweicher Formulierungen auch Maßnahmen, die einen Schritt in die richtige Richtung bedeuten und die uns als Messlatte für die künftige Politik der Rathauskoalition dienen werden. Die Erarbeitung weiterer Aktivitäten in ihrem Rahmen bietet außerdem das Potenzial für Konkretisierungen und Nachjustierungen. Deshalb haben wir schlussendlich zugestimmt und setzen auf eine Verstetigung der Beteiligung auch zivilgesellschaftlicher Akteure. Es kommt nun darauf an, was aus dem Konzept genau folgt und dafür braucht es den Druck vieler politischer Kräfte.

Was es nicht braucht, ist die absurde von der CDU angezettelte Debatte über angebliche Kosten der Nachhaltigkeitsstrategie. Munter wurden Kosten dem städtischen Haushalt zugeschrieben, die von Unternehmen, städtischen Beteiligungen wie den Stadtwerken oder anderen staatlichen Ebenen zu erbringen sind und denen auch ein Nutzen entgegensteht. Das hatte die CDU aber offenbar nur so halb gelesen und die große Generationengerechtigkeit bemüht. Statt Gestaltungswillen und eine mutige Politik, die Bochum sozialer und lebenswerter macht, setzt die CDU leider auf Verwalten des Status Quo, was möglichst wenig kosten darf.

3. Mehr Geld für Bochumer Senioreneinrichtungen

Die städtischen Bochumer Senioreneinrichtungen befinden sich finanziell in schwierigem Fahrwasser und durchlaufen einen Sanierungsprozess. Aus diesem Grund wurde eine außerplanmäßige Bereitstellung finanzieller Mittel zur Sicherstellung der Liquidität im laufenden Geschäftsbetrieb notwendig. Dazu ist die Stadt als Gesellschafterin verpflichtet.

Die städtischen Senioreneinrichtungen werden nicht nur zur Deckung des Bedarfes an Pflegeplätzen in unserer Stadt benötigt, sondern dort leisten viele Beschäftigte eine hervorragende Arbeit. Sie und die Heimbewohner haben Sicherheit verdient. Dennoch rief diese Verwaltungsvorlage unbelehrbare neoliberale Stimmen von FDP und Stadtgestaltern auf den Plan, die einer Privatisierung das Wort reden wollten. Auch Stimmen aus der CDU ließen fehlende Wertschätzung für öffentliches Eigentum erkennen. Deshalb wies unser Ratsmitglied Horst Hohmeier in seinem Redebeitrag jegliche Privatisierungsfantastereien zurück und machte deutlich, dass wir als Linke im Rat zu den Bochumer Senioreneinrichtungen in städtischer Hand stehen. Zum Glück gab es im Rat eine deutliche Mehrheit für die Bewilligung der zusätzlichen Mittel. Wir werden immer deutlich widersprechen, wenn Privatisierungen der Boden bereitet werden soll, indem öffentliche Einrichtungen schlecht geredet werden.

4. Planungssicherheit für die Kulturszene in Bochum

Erfreulich für diese krisenhaften Zeiten ist, dass der Rat beschlossen hat, die Einrichtungen der freien Kultur auch im Jahr 2025 weiter zu fördern. Das schafft dringend notwendige Planungssicherheit. Als Linke setzen wir uns seit vielen Jahren für eine Stärkung der vielfältigen freien Kulturszene in Bochum ein. Planungssicherheit wurde für die Träger Dank des Beschlusses zwar geschaffen, zu einem notwendigen Inflationsausgleich bei den Zuschüssen konnte sich rot-grün aber nicht durchringen. Nächstes Jahr braucht es dann einen wirklichen Inflationsausgleich, damit die Gelder, die eigentlich für die freie Kultur bestimmt sind, nicht für die Kostensteigerungen draufgehen.

5. Mehr sozialer Wohnungsbau – aber wie?

In zwei Anfragen haben wir uns mit der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Bochum befasst. Die Antworten der Verwaltung sind ernüchternd. Das verheißt für das „Handlungskonzept Wohnen“, das derzeit überarbeitet wird, nichts Gutes.

Auf unsere Anfrage zur Bilanz des bisherigen Handlungskonzepts wollte die Verwaltung nicht wirklich antworten und verweist lieber auf den laufenden Prozess. Wir hätten gedacht, dass die Verwaltung die Datenbasis für das Gelingen genau dieser geplanten Fortschreibung vor dem Beginn des Prozesses liefert. Wie soll eine gute Überarbeitung gelingen, wenn der Erfolg des alten Konzepts nicht anständig analysiert wurde?

Auch beim Rahmenablaufplan zum Wohnbauflächenprogramm erklärt die Verwaltung mit viel Text, warum alles schwierig ist und man nicht wirklich vorangekommen ist. Wir können uns aber nicht damit begnügen, dass die Zeiten für Wohnungsbau gerade schwierig sind. Dass bezahlbarer Wohnraum in Bochum fehlt, dürfte auch der Verwaltung klar sein. Vorangekommen ist man nicht, wenn man die vorgelegte Liste durchgeht. Da wird es Zeit, dass endlich der Bestand an Wohnungen ertüchtigt und auch Leerstand aktiviert wird. Wir sind gespannt, ob sich die Rathauskoalition, dann dieses Mal auch die SPD, zu einer Wohnraumschutzsatzung durchringen kann. Wir können es uns nicht leisten, dass in Bochum Wohnungen zweckentfremdet als Ferienwohnung vermietet werden und damit als günstiger Wohnraum wegfallen. Auch braucht es endlich ein Leerstandskataster. Warum sich die Ratsmehrheit und die Verwaltung hiergegen sperren, leuchtet uns nicht ein. Daneben muss die mehrheitlich städtische VBW endlich ein gemeinwohlorientiertes Wohnungsunternehmen werden und eine Wohnungstauschbörse auf den Weg gebracht werden, statt aus Angst vor einem Scheitern direkt aufzugeben. Also viel zu tun und zu verbessern beim Handlungskonzept Wohnen. Wir werden uns aktiv in den Prozess einbringen und mit Änderungsanträgen nachbessern, sollte das notwendig werden.

6. Wir fragen nach

Strom- und Gassperren sowie Zwangsräumungen sind trotz mehrerer Anläufe von uns weiterhin an der Tagesordnung in Bochum. In Zeiten hoher Inflation wissen viele Menschen nicht, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Statt der Drohung, Strom und Gas abzustellen, braucht es eine soziale Politik und gute Hilfsangebote. Ein menschenwürdiges Wohnen ohne Strom und Gas ist praktisch nicht möglich. Die Sperren verursachen außerdem zusätzliche Kosten für Haushalte, die sich sowieso schon in einer finanziellen Notlage befinden. Diese Praxis gehört endlich abgeschafft. Solange das in Bochum noch nicht Realität ist, fragen wir immer am Ende des Jahres die aktuellen Zahlen ab. Wir werden berichten, wie viele Strom- und Gassperren sowie Zwangsräumungen es im Jahr 2023 gab.

Zudem haben wir uns erneut mit dem Grabeland Am Ruhrort beschäftigt. Die wasserwirtschaftlichen Berechnungen für den Bebauungsplan sollen demnächst vorliegen. Das antwortet die Verwaltung auf unsere Anfrage. In einer weiteren Anfrage wollen wir wissen, wer derzeit der Eigentümer der Fläche ist und ob es Pläne gibt, was mit dem Grabeland passiert, wenn eine Bebauung nicht möglich ist.