Welche Ziele soll die Bochumer Verkehrspolitik in den kommenden zwölf Jahren verfolgen? Darüber diskutieren aktuell die Gremien des Bochumer Rats. Die Linksfraktion legt jetzt einen eigenen Entwurf zum „Leitbild Mobilität“ vor. Das Ziel: „Mobilität für alle mit weniger Emissionen“. Der umfassende Änderungsantrag wird am Dienstag, den 10. April im Ausschuss für Infrastruktur und Mobilität beraten.
Bisher hatte lediglich die Stadtverwaltung einen Entwurf für das „Leitbild Mobilität“ vorgelegt. Dieser stellt nach Ansicht der Linksfraktion aber eine Rolle rückwärts dar. „Der Verwaltungsentwurf setzt sich noch nicht einmal das Ziel, den öffentlichen Nahverkehr bis zum Jahr 2030 für alle bezahlbar zu machen“, kritisiert Sabine Lehmann, Vertreterin der Linksfraktion im Ausschuss für Infrastruktur und Mobilität. „Außerdem sollen die aktuell geltenden Ziele für den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zurückgenommen werden.“
Der Hintergrund: Mit dem Beitritt zur Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte und Gemeinden (AGFS) hatte Bochum 2016 versprochen, den Anteil von Radverkehr, ÖPNV und Fußverkehr am gesamtstädtischen Verkehr bis zum Jahr 2030 stark zu erhöhen. Allein der Anteil des Radverkehrs sollte sich bis dahin vervierfachen. Der Verwaltungs-Entwurf für das Leitbild sieht jetzt dagegen im gleichen Zeitraum nur noch eine Verlagerung um 10 bis 15 Prozentpunkte zum gesamten Umweltverbund vor. „Wenn die Politik diesen Angriff auf die Ziele aus der AGFS-Bewerbung durchwinkt, macht sich Bochum völlig unglaubwürdig“, so Sabine Lehmann weiter.
Der Änderungsantrag der Linksfraktion soll nicht nur diese Aufweichung der verkehrspolitischen Ziele verhindern. „Die Stadt muss das Grundrecht auf Mobilität für alle ins Zentrum stellen“, fordert die LINKE Verkehrspolitikerin. Bis 2030 soll sich die Stadt daher das Ziel setzen, die Nutzung von Bus und Bahn für alle unabhängig vom zur Verfügung stehenden Einkommen bezahlbar zu machen. So heißt es im Entwurf der LINKEN: „Um die Teilhabe an Mobilität für alle zu gewährleisten, setzt sich die Stadt Bochum kurzfristig für ein deutlich günstigeres Sozialticket ein, mittelfristig wird ein solidarisch finanzierter ÖPNV ohne Ticket-Preise angestrebt.“ Außerdem sollen autofreie und autoreduzierte Quartiere mit zusätzlichen Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, Carsharing-Standorte, Lastenrad-Verleihstationen und eine gut erreichbare Einzelhandels-Infrastruktur gefördert werden.
In die Kritik war der Verwaltungsentwurf für das „Leitbild Mobilität“ geraten, weil er den Eindruck erweckt, dass die Reduktion von Emissionen vor allem auf dem Rücken von armen Menschen umgesetzt werden soll. So werden günstigere ÖPNV-Preise als Ziel nicht erwähnt. Stattdessen schreibt die Verwaltung in der Begründung ihrer Beschlussvorlage, dass Menschen mit weniger Geld am besten zu Fuß gehen oder Fahrrad fahren sollen: „Mobilität […] ist auch für einkommensschwache Menschen zu ermöglichen, am besten durch ‚kostenlose‘ Fortbewegungsformen wie Radfahren oder Laufen auf kurzen Wegen. Nicht jeder mit einem alten Dieselfahrzeug wird sich sofort einen neueren Wagen oder ein E-Auto leisten können und die Nachfrage nach regenerativen Energien wird auch dort die Preise in die Höhe treiben.“