Redebeitrag von Sevim Sarialtun zu den geplanten Hartz-IV-Kürzungen bei den Mieten in Bochum. (TOP 4.1. der Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales am 24.01.2018, darin: 4.1.2 – Änderungsantrag der Linksfraktion)
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
meine Damen und Herren,
die Antworten der Verwaltung räumen unsere Einwände gegen die Senkung der Unterkunftskosten für Sozialleistungsempfänger*innen nicht aus – im Gegenteil. In Bochum steigen die Mieten. Die angeblich „angemessenen“ Unterkunftskosten zu senken ist sozial unverantwortlich. Und die Berechnungen, auf deren Basis das geschehen soll, sind mehr als fragwürdig.
Es gibt jetzt drei Vorschläge, wie damit umgegangen werden soll. Erstens: SPD und Grüne wollen grundsätzlich an den Kürzungen festhalten, und nur etwas Druck aus dem Kessel nehmen. Zum einen durch eine Bestandsschutz-Regelung: Dadurch werden aber nur kurzfristig zusätzliche Kostensenkungsverfahren verhindert. Trotzdem wären mehr als 10.000 Haushalte spätestens bei ihrem nächsten Umzug von den Kürzungen betroffen – und alle Familien, die neu ins Hartz-IV-System rutschen, sowieso. Auch will die Koalition an der Absenkung der Grenzen für die Betriebskosten festhalten – denn auch mit einem Zehn-Prozent-Aufschlag liegen die Werte immer noch deutlich unter denen des Betriebskostenspiegels NRW. Das können wir als Linksfraktion natürlich nicht unterstützen.
Dann gibt es zweitens den Vorschlag, das Verwaltungskonzept nicht anzuwenden, bis die Verwaltung ein Konzept erstellt hat, das den rechtlichen Anforderungen genügt. Diesen Antrag unterstützen wir ausdrücklich. Wenn er angenommen wird, wird unser Änderungsantrag hinfällig, was wir sehr begrüßen würden.
Wenn Sie diesen Vorschlag allerdings ablehnen, müssen wir doch noch genauer darüber reden, mit welchen Tricks die Verwaltung gerade probiert, die Sozialleistungen in Bochum zu kürzen. Der zentrale Trick in den Berechnungen ist ja, dass nicht mehr die vollständigen Betriebskosten in Höhe des Betriebskostenspiegels NRW einbezogen werden sollen, sondern nur noch das, was der Bochumer Mietspiegel als Vorauszahlungen erfasst.
Liebe Kolleg*innen von SPD und Grünen, Sie sagen ja zu Recht, dass die Zahl der Stichproben viel zu gering ist, um die Werte als verbindlich anzusehen. Dazu kommt, dass Vorauszahlungen und tatsächliche Betriebskosten sowieso nicht das Gleiche sind, und dass im Mietspiegel sind Neuvermietungen überrepräsentiert sind. Und bei denen kommt es bekanntlich besonders häufig zu Nachzahlungsforderungen. Ich finde: Einerseits erkennen, dass die Berechnungsgrundlage falsch ist, aber trotzdem an ihr festhalten, das geht nicht. Auch nicht mit einem 10-Prozent-Aufschlag, denn dadurch bleibt die Grundlage trotzdem falsch.
Falls das unschlüssige Konzept nicht wie beantragt komplett zurückgewiesen wird, halten wir deshalb unseren Änderungsantrag aufrecht: Die Verwaltung muss auf diesen Kürzungs-Trick verzichten! Dann müssen zumindest die Betriebskosten-Werte aus dem Betriebskostenspiegel NRW berücksichtigt werden.
Dadurch würde auch eine zweite Absurdität dieses unschlüssigen Konzepts korrigiert werden – nämlich die absurde Annahme, dass die Betriebskosten einer 125-Quadratmeter-Wohnung pro Quadratmeter um die Hälfte niedriger sein sollen als die einer 110-Quadratmeter-Wohnung. Durch den Dringlichkeitsantrag von SPD und Grünen wird dieser Sprung sogar noch größer, denn bei Haushalten von sechs und mehr Personen wollen Sie ja sogar auf die 10-Prozent-Steigerung verzichten. Auch das ist offensichtlich unschlüssig – also wird das Konzept von den Gerichten kassiert werden. Letztendlich bringen Ihnen die Rechentricks also gar nichts. Sie bürden den Betroffenen damit lediglich langwierige Gerichtsverfahren auf. Das halten wir als Linksfraktion für unverantwortlich.
Deshalb sagen wir: Eigentlich muss das gesamte Konzept wie beantragt zurückgewiesen werden. Wenn Sie sich dem verweigern, müssen zumindest die Werte aus dem Betriebskostenspiegel NRW weiter gelten.
Vielen Dank.