Rede von Horst Hohmeier zum Tagesordnungspunkt 2.8 – Antrag der Linksfraktion „Entwurf einer Zweckentfremdungssatzung“ auf der Ratssitzung am 13.07.2017.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,
In ihrem NRW-Koalitionsvertrag haben CDU und FDP eine ganze Reihe von Maßnahmen angekündigt, die Mieterinnen und Mieter bitter zu spüren bekommen werden. Unter anderem ist dort zu lesen, dass sie die „Kündigungssperrfristverordnung“, die „Zweckentfremdungsverordnung“ und die „Umwandlungsverordnung“ aufheben und das Wohnungsaufsichtsgesetz „überprüfen“ wollen. Jetzt ist es zwar so, dass es in NRW überhaupt keine „Zweckentfremdungsverordnung“ mehr gibt, welche die Regierung Laschet aufheben könnte, genauso wenig wie eine „Umwandlungsverordnung“. Trotzdem müssen wir befürchten, dass die Verfasser*innen des Koalitionsvertrags damit eine Streichung der kommunalen Ermächtigung zum Erlass einer Zweckentfremdungssatzung, also von §10 Wohnungsaufsichtsgesetz, ankündigen wollen.
Viele wohnungspolitisch Aktive, darunter der Mieterverein, das Netzwerk „Stadt für Alle“ und auch wir als Linksfraktion, fordern seit langem, dass die Stadt Bochum eine Zweckentfremdungssatzung erlässt. In den Grundlinien zum Handlungskonzept Wohnen wird das nun auch als mögliche Maßnahme vorgeschlagen. Wenn wir nicht zulassen wollen, dass die CDU und die FPD uns das verunmöglichen, dann drängt die Zeit.
Und liebe Kolleginnen und Kollegen, damit wir uns nicht falsch verstehen: Niemand von uns behauptet, dass sich mit der Einführung einer Zweckentfremdungssatzung wie von Zauberhand alle wohnungspolitischen Probleme lösen würden. Natürlich ist das nicht der Fall. Dabei handelt es sich nur um einen kleinen Baustein für eine bessere Wohnungspolitik. Wir brauchen außerdem dringend kommunalen und auf gemeinnützige Ziele verpflichteten Wohnungsbau, um diskrimierungsfreien und dauerhaft günstigen Wohnraum zu schaffen. Wir brauchen ein Programm zum Aufkauf und zur Sanierung von Leerstand. Wir brauchen eine Demokratisierung der Wohnungswirtschaft, und die stärkere Förderung von gemeinwohlorientierten statt renditeorientierten Eigentumsformen.
Aber: Wir sind der Meinung, wir brauchen eben auch eine Zweckentfremdungssatzung. Und um einigen Gegenargumenten gleich mal den Wind aus den Segeln zu nehmen: Wir behaupten doch gar nicht, dass die Einführung einer Zweckentfremdungssatzung von heute auf morgen 7.000 leerstehende Wohnungen in Bochum wieder einer sinnvollen Nutzung zuführen würde. Ganz so einfach ist es nicht.
Aber: Bei all unseren Zielen und großen wohnungspolitischen Aufgaben wird eine Zweckentfremdungssatzung helfen. Eine solche Satzung sorgt zunächst einmal dafür, dass Vermieter*innen dazu verpflichtet sind, längerfristige Leerstände bei der Stadt zu melden und zu begründen, warum die Wohnung nicht vermietet wird. Das Netzwerk „Stadt für alle“ schreibt zu Recht in seiner Stellungnahme zum Handlungskonzept Wohnen: „Diese Erfassung der Leerstände wäre alleine schon ein großer Gewinn für die Weiterentwicklung der kommunalen Wohnungspolitik, selbst wenn alle anderen zu erwartenden positiven Folgen ausbleiben würden.“
Also: Das alleine würde uns als Argument für eine Zweckentfremdungssatzung schon reichen. Aber wir sehen weitere positive Effekte. Der Mieterverein plädiert dafür, dass die Stadt den Wohnungseigentümer*innen mit einem sorgsam abgestimmten Maßnahmenpaket nach dem Motto „Fördern und Fordern“ gegenübertritt. Das geht aber eben nur, wenn die Stadt erstens weiß, wo aus welchen Gründen Wohnungen leer stehen. Und zweitens muss die Stadt aber eben auch in der Lage sein zu sagen: Artikel 14 Grundgesetz gilt – Eigentum verpflichtet. Wenn du trotz aller angebotenen Hilfen bei Fördermittelanträgen usw. eine Wohnung leer stehen lässt, während Tausende in unserer Stadt eine Wohnung suchen, dann können wir als Stadt als letztes Mittel auch ein Bußgeld gegen dich verhängen.
Es handelt sich also lediglich um einen kleinen Schritt, der Stadt etwas mehr wohnungspolitische Übersicht und etwas mehr wohnungspolitische Handlungsspielräume zu verschaffen. Lassen Sie uns jetzt gemeinsam in diese Richtung gehen, indem wir die Verwaltung beauftragen, uns erst einmal einen Entwurf für eine solche Satzung vorzulegen. Dann haben wir was an der Hand, über das wir zeitnah weiter qualifiziert beraten können.