Rede: Forderungen nach Verschärfung der Abschiebepolitik sind unmenschlich!

Rede von Horst Hohmeier auf der Ratssitzung am 25.06.2015 zum Tagesordnungspunkt 2.2 (Flüchtlingsschutz in NRW):

 

Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,

Refugees-welcome-300x212-1unseren vorliegenden Antrag haben wir bereits zur vergangenen Ratssitzung als Dringlichkeitsantrag eingebracht. Leider ist dem nicht zugestimmt worden. Es ist schade, dass der Rat deshalb nicht zeitnah reagieren konnte. Dabei ist der Anlass brisant: Es geht um einen Brief an NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, in dem unsere Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz unter anderem auch die Abschaffung von Einzelfallprüfungen vor Abschiebungen bei besonders diskriminierten Minderheiten, Alten und Kranken fordert. Außerdem sollen Flüchtlinge auch dann abgeschoben werden, wenn dadurch Familien auseinandergerissen werden, heißt es in dem von Ihnen, Frau Scholz, zusammen mit anderen OberbürgermeisterInnen und Landräten unterzeichneten Schreiben.

Egal, wie es dazu gekommen ist, dass Sie einen Brief unterzeichnet haben, in dem diese Forderungen enthalten sind – ob Sie den Brief vor der Unterzeichnung nicht gründlich genug gelesen haben, oder ob Sie politisch davon überzeugt sind: Diese Forderungen sind und bleiben unmenschlich. Sie sind außerdem ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich hier in Bochum für Flüchtlinge und gegen die brutale Abschiebepolitik engagieren. Wer so tut, als ließen sich politische Probleme durch eine noch rücksichtslosere Abschiebung von besonders diskriminierten Flüchtlingen lösen, bedient eine rechtspopulistische Das-Boot-ist-voll-Logik. Zu Recht ist Ihr Brief deswegen auch vom Flüchtlingsrat NRW und zum Beispiel von der Initiative Treffpunkt Asyl scharf kritisiert worden.

In einer Stellungnahme haben Sie, Frau Dr. Scholz sich inzwischen zu ihrem Brief geäußert. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass Sie darin die von Ihnen unterstützte Forderung nach der Abschaffung der Einzelfallprüfungen nicht zurücknehmen, sondern schlicht verschweigen. Stattdessen stellen Sie ausführlich dar, wie die Einzelfallprüfungen in Bochum durchgeführt werden. Es ist hochgradig widersprüchlich, wenn Sie sich positiv auf diese Arbeit ihrer Verwaltung beziehen und gleichzeitig von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft fordern, genau diese Einzelfallprüfungen abzuschaffen! Wir hätten uns gewünscht, dass Sie öffentlich und auch gegenüber Frau Kraft zu erklären, dass diese Forderungen ein Fehler waren. Leider ist das bis heute nicht geschehen. Wir sind der Überzeugung, dass die Mehrheit der Mitglieder im Rat für eine menschliche Flüchtlingspolitik und gegen die Abschaffung von Einzelfallprüfungen vor Abschiebungen ist. Deswegen sollten wir die Forderungen nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen.

Vielen Dank.