Linksfraktion bleibt dabei: Ehrenbürgerschaft von Hindenburg aberkennen!

Stellungnahme des Fraktionsvorsitzenden Ralf-D. Lange zum Tagesordnungspunkt 3.1 (Aberkennung der Ehrenbürgerwürde von Paul von Hindenburg) der Ratssitzung am 25.06.2015:

 

Ralf-D. Lange

Wir sind verwundert und empört, wie mit diesem Bürgerantrag gemäß 24 Gemeindeordnung umgegangen wird. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) hatte den Antrag gestellt, Paul von Hindenburg von der Liste der Ehrenbürger der Stadt Bochum zu streichen. Dem Bürgerantrag sind rund 500 Unterschriften beigefügt. Zu den UnterzeichnerInnen gehören die Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (DIE LINKE), Axel Schäfer (SPD) und Frithjof Schmidt (Grüne) sowie die Landtagsabgeordneten Serdar Yüksel (SPD) und Simone Brand (Piraten) und mehrere Bochumer Ratsmitglieder. Ebenso unterschrieben haben GewerkschafterInnen wie Frank Bsirske (Vorsitzender ver.di), Rainer Einenkel (ehem. Betriebsratsvorsitzender Opel Bochum) und Jochen Marquardt (Geschäftsführer DGB Ruhr-Mark) sowie Felix Lipski (Jüdische Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen).

Verwundert und empört sind wir, weil der Bürgerantrag einfach mit einem Brief der Oberbürgermeisterin und einer Mitteilung der Verwaltung abgetan werden soll. Tenor des Ganzen ist, dass die Ehrenbürgerwürde mit dem Tod erloschen sei und es daher angeblich keine Rechtsgrundlage mehr für einen Ratsbeschluss gebe. Dabei berufen sich Frau Dr. Scholz und die Verwaltung auf eine angeblich herrschende bzw. „allgemeine Rechtsauffassung“.

Wir wissen nicht, woher Sie diese gewagte Interpretation nehmen, um den Bürgerantrag damit abzuwimmeln. Wir wissen nur, dass Adolf Hitler erst lange nach seinem Tod, nämlich 1984, durch einen Beschluss des Bochumer Rats von der Liste der Ehrenbürger gestrichen wurde. Und wir wissen auch, dass die Stadtverordnetenversammlung in Frankfurt Paul von Hindenburg erst vor zwei Wochen die Ehrenbürgerschaft offiziell aberkannt hat. Welche allgemeine Rechtsauffassung mag da wohl geherrscht haben?

Auf jeden Fall hat der Frankfurter Oberbürgermeister einen Schritt vollzogen, den er als „längst überfällig“ bezeichnet hatte. Die VVN-BdA hätte sicher gewünscht, dass auch unsere Bochumer Oberbürgermeisterin sich den Worten des dortigen SPD-Oberbürgermeisters Peter Feldmann angeschlossen hätte, der gesagt hat: „Wer diese damaligen Akte des Unrechts bagatellisiert und Hindenburg weiter hochoffiziell gewürdigt wissen will, der erntet bei mir nur Unverständnis und setzt in Zeiten aufkeimenden undemokratischen Gedankenguts gegenüber den Bürgern unserer Stadt ein falsches Signal.“

Wir appellieren daher an die Verwaltung, diesen Bürgerantrag für zulässig zu erklären und auf der nächsten Ratssitzung als Beschlussvorlage zu behandeln. Sollte das nicht geschehen, kann ich jetzt schon ankündigen, dass wir den Antrag einbringen werden. Das bedeutet: Der Rat wird so oder so über ihn abstimmen. Allerdings ist es dem ernsthaften Thema eher angemessen, wenn die Verwaltung sich nun doch entscheiden würde, das bürgerschaftliche Engagement der VVN-BdA ernst zu nehmen und damit unsere formale Hilfe überflüssig zu machen.