Rede: Widersprüche bei „Bochum Perspektive 2022“

Hier dokumentieren den Redebeitrag von unserem Fraktionsvorsitzenden Ralf-D. Lange zum Übergang der Fläche des Opel-Werkes I auf die Bochum Perspektive 2022 GmbH auf der Ratssitzung am 7. Mai 2015:

Frau Oberbürgermeisterin, meine Damen und Herren,

Ralf-D. Lange

ich finde es schwierig, hier im öffentlichen Teil der Ratssitzung zu Sachen Stellung zu nehmen und zu diskutieren, die auf Vorlagen der Verwaltung, Kaufverträgen und Gutachten aus dem nicht-öffentlichen Teil beruhen. Hier werden elementare Informationen in Bezug auf den Opel-Deal der Öffentlichkeit vorenthalten.

Umso erstaunter bin ich, dass der Geschäftsführer der Bochum Perspektive 2022 nicht anwesend ist, der vielleicht im Vorfeld der Entscheidung noch einige Fragen hätte beantworten und noch Anregungen aufnehmen können.

Eine Anregung war zum Beispiel die von der Bezirksvertretung Ost, in der eindringlich darum gebeten wurde, den bestehenden Gleisanschluss am Standort Laer nicht rückzubauen. Vor allem die AnwohnerInnen der Zufahrtsstraßen und die BürgerInnen des Bochumer Ostens würden besonders unter der zunehmenden Luftverschmutzung, unter der erhöhten Feinstaubbelastung und dem zunehmenden Verkehrslärm leiden, wenn die Logistik für dieses Gelände in Zukunft ausschließlich über die Straße erfolgen würde. Das war auch eine Anregung im Ausschuss für Planung und Grundstücke.

Da, wo ich herkomme, würde man einen eigenen Gleisanschluss für ein Gewerbegebiet einen USP nennen – eine Unique Selling Proposition, also ein Alleinstellungsmerkmal. Und soweit ich das weiß, ist der Gleisanschluss wirklich ein Alleinstellungsmerkmal für das zu entwickelnde Industrie- und Gewerbegebiet.

Ich komme zu einem zweiten Punkt, der uns Rätsel aufgibt: die Haftung für Altlasten auf dem Opel-Gelände. In der Beschlussvorlage der Verwaltung steht dazu auf Seite 4 zu den wesentlichen Inhalten des Kaufvertrages, über den wir hier abstimmen sollen unter § 3.3 c): Kein Haftungsausschluss für Altlasten zugunsten des Verkäufers, sofern eine Verursacherhaftung z.B. nach § 4 Abs. 3 BBodSchG vorliegt.

Ich halte die Hervorhebung gerade dieses Absatzes für geradezu irreführend, denn unter § 3.3 b) steht etwas ganz anderes. Vielleicht kann ja jemand Befugtes diesen Absatz noch einmal dem Rat im öffentlichen Teil explizit zur Kenntnis geben und erläutern.

Ganz generell haben wir als Fraktion DIE LINKE die Befürchtung, dass wir da mit öffentlichen Geldern ein Grundstück erwerben, bei dem die Kosten für die Altlastenbeseitigung ein unkalkulierbares Risiko für die Zukunft darstellen.

Punkt 3: Der symbolische Kaufpreis von einem Euro. Klingt günstig, ist es aber vielleicht nicht. Es handelt sich hier nur dann nicht um eine selektive Begünstigung eines Unternehmens, wenn „dem vereinbarten Kaufpreis von 1,00 € ein positiver Wert des Grundstücks beigelegt werden kann. Diese Voraussetzung sieht das Gutachten durch zwei Wertermittlungen bestätigt.“

Vielleicht kann jemand auch hier Licht ins Dunkel bringen und den negativen Wert, auf den der städtische Gutachterausschuss kommt, einmal nennen. Und gibt es nicht ein weiteres unabhängiges Gutachten, das ebenfalls auf einen negativen Grundstückwert kommt? Müssten wir bzw. Bochum Perspektive 2022 demnach nicht eher noch Geld von Opel bekommen, wenn wir Eigentümer dieses Geländes werden?

Und so komme ich auch zu meinem letzten Punkt: dem lieben Geld. Immerhin öffentliches Geld, das wir hier ausgeben. Und wir von der Linksfraktion befürchten, dass die gut gemeinte Gesellschaft Bochum Perspektive 2022 für die zukünftigen Haushalte der Stadt Bochum zu einem Fass ohne Boden werden kann. Und es ist nicht so, dass uns die Verwaltung auf diesen Umstand nicht ausdrücklich hingewiesen hätte. Oder wie sonst ist das zu verstehen, was in der Begründung der Beschlussvorlage auf Seite 8 überdeutlich und für alle verständlich zu lesen ist:

„Wichtig ist, dass ausreichend Gesellschaftereinlagen vor Beginn des Wirtschaftsjahres eingezahlt werden, damit diese für das folgende Wirtschaftsjahr zur Verfügung stehen. Aus diesem Grunde wurden bereits in 2014 Gesellschaftereinlagen für 2015 eingezahlt. Dies wird in Höhe des voraussichtlich im Folgejahr entstehenden Verlustes (insbesondere der nicht förderfähigen Kosten) auch in den zukünftigen Wirtschaftsjahren erforderlich sein.“

Nein, meine Damen und Herren, diesem Grundstückskaufvertrag des Bochumer Opel-Werks I können wir in der bisher vorliegenden Form nicht zustimmen. Die Fraktion DIE LINKE wird daher diese Beschlussvorlage ablehnen.